„Standort 38“ fragt – Unser Kandidat antwortet

Unser OB-Kandidat Holger Herlitschke (links im Bild)
Unser OB-Kandidat Holger Herlitschke (links im Bild)

Am 25. Mai 2014 wählen die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Braunschweig bekanntlich ihren neuen Oberbürgermeister. Zu der Debatte im Vorfeld dieser Entscheidung will auch das regionale Wirtschaftsmagazin „Standort 38“  einen Beitrag leisten. Für die März-Ausgabe hat die Redaktion daher alle Kandidaten gebeten, fünf wirtschaftspolitische Fragen zu beantworten. Die Antworten unseren Grünen OB-Kandidaten Holger Herlitschke sind hier zu finden (und dürfen gerne gelesen werden):

FRAGE 1: Ein Wort zum Vorgänger: Fanden Sie den wirtschaftspolitischen Kurs von Dr. Gert Hoffmann zukunftsweisend und richtig oder riskant und falsch?

ANTWORT 1: Mir sei dazu eine kurze Vorbemerkung gestattet: Eigentlich arbeite ich mich ungern am ausscheidenden Oberbürgermeister ab. Andererseits kann ich verstehen, dass nach möglichen Unterschieden zum bisherigen Amtsinhaber gefragt wird. Daher möchte ich diese Frage folgendermaßen beantworten:

Gute und zukunftsfähige Wirtschaftspolitik zeichnet sich meines Erachtens dadurch aus, dass sie sich um einen Interessenausgleich zwischen den ortsansässigen Unternehmen und der Bevölkerung bemüht. Bekanntlich stoßen nicht alle Infrastruktur-Maßnahmen, die der örtlichen Wirtschaft dienen, bei den Bürgerinnen und Bürgern auf Gegenliebe. Da bringt es nichts, den ökonomischen Hintergrund zu verschleiern, wie das Herr Dr. Hoffmann beim Ausbau des Flughafens „Braunschweig-Wolfsburg“ in Waggum leider getan hat. Hier hätte man den Menschen von Anfang an sagen müssen, dass diese Maßnahme hauptsächlich für die Langstreckenflüge des VW-Managements erfolgt.

Für falsch halte ich den wirtschaftspolitischen Kurs von Dr. Hoffmann auch im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge. Unter seiner Ägide sind die wichtigsten kommunalen Aufgabenbereiche und Betriebe (Energie- und Wasserversorgung, Müll- und Abwasserentsorgung etc. pp.) ganz oder teilweise privatisiert worden. Durch den Verkauf der Versorgungs-AG ist zudem eine der wichtigsten Einnahmequellen der Stadt Braunschweig größtenteils versiegt. Nachhaltige Wirtschaftspolitik sieht anders aus!

Im Teilbereich Einzelhandel hat Herr Hoffmann insbesondere mit der Ansiedelung des ECE-Centers wirtschaftspolitisch durchaus riskant gehandelt, da die Auswirkungen auf den innerstädtischen Einzelhandel immens waren und sind. Sein Nachfolger muss nun die Folgeentwicklungen – vor allem in der Westlichen Innenstadt – im Blick behalten und einer möglichen Abwärtsspirale entgegenwirken.

Ich selber würde als Oberbürgermeister die kleinen und mittleren Unternehmen stärker als bisher in den Blick nehmen. Um die hat sich vor allem der Wirtschaftsdezernent gekümmert, doch darum sollte sich auch der Verwaltungschef selber bemühen. Als „Stadt der Wissenschaft“ haben wir hier großes Potential und an der Schnittstelle zwischen Forschung und Wirtschaft riesige Chancen.

FRAGE 2: Ein Wort zur Regionsdebatte: Stehen Sie für die Oberzentren um Wolfsburg, Salzgitter und Braunschweig oder eine komplette Großregion?

ANTWORT 2: Ich stehe für die komplette Großregion, da stimme ich hundertprozentig mit dem bisherigen Verwaltungschef überein. Der jetzige regionale Flickenteppich bringt uns nicht weiter. Wir brauchen eine Region Braunschweig mit einem gewählten Parlament und einer regionalen Identität. Diese Großregion sollte aber kein Selbstzweck sein, im Vordergrund müssen die Interessen der hier lebenden und arbeitenden Menschen stehen!

Leider scheint die aktuelle Entwicklung darauf hinauszulaufen, dass jetzt jede/r versucht, sich das beste „Kuchenstück“ zu sichern. Zu meinem Bedauern gießt hier auch der CDU-Kollege Hennig Brandes Öl ins Feuer, wenn er u. a. schreibt: „Braunschweig hat Bevölkerungszuwachs und muss wachsen, wir müssen also auch eigene Gebietsansprüche bei den laufenden Fusionsverhandlungen geltend machen.“ Der Begriff „Gebietsansprüche“ wird bei unseren Nachbarn sicherlich für helle Begeisterung sorgen …

FRAGE 3: Ein Wort zum Einzelhandel: Werden Sie sich für die Vororte oder die Braunschweiger Innenstadt stark machen?

ANTWORT 3: Hier kann und wird es für mich kein Entweder / Oder geben. Selbstverständlich werde ich mich für beides stark machen – für gute Angebote im Stadtzentrum und in den Stadtteilen. Wichtig dabei ist mir insbesondere eine angemessene Nahversorgung mit den Gütern des täglichen Bedarfs, vor allem mit Lebensmitteln und Getränken. Darauf haben alle Braunschweigerinnen und Braunschweiger einen Anspruch. Sogenannte „zentrenrelevante Sortimente“ gehören grundsätzlich in die Innenstadt und nur in begründeten Ausnahmefällen an die Peripherie. Möbel-, Bau- und Gartenmärkte und andere Anbieter von Gütern des nichttäglichen Bedarfs sind in speziellen Gewerbegebieten (den sog. „Entwicklungsschwerpunkten“) am besten aufgehoben und würden flächenmäßig ja auch gar nicht in die Innenstadt passen.

FRAGE 4: Ein Wort zu der Rolle privater Investoren in der Stadt: Finden Sie die Rettung des Badezentrums in Gliesmarode richtig oder sollten Unternehmer bei Investitionen wie dem Sportsponsoring bleiben?

ANTWORT 4: Private Investoren spielen in unserer Stadt eine wichtige Rolle und das wird auch in Zukunft so bleiben. Wenn ein Unternehmer sich für eine städtische und damit öffentliche Einrichtung engagieren möchte, ist das sehr zu begrüßen. Daher freue ich mich auch über das „Rettungsangebot“ von Herr Knapp für das Badezentrum Gliesmarode. Ich sehe darin eine echte Chance, in der Nähe mehrerer großer Schulen im östlichen Stadtgebiet ein beliebtes Schwimmbad zu erhalten. Erst einmal muss nun aber geklärt werden, wie das „Rettungsangebot“ genau aussieht, da die bisherige Faktenlage ja noch ziemlich dürftig ist. Jetzt kommt es auf ein schlüssiges Nutzungskonzept und Betreibermodell an, zudem müssen die Sanierungs- und Betriebskosten genau ermittelt werden. Klar ist auf jeden Fall, dass die Entscheidungshoheit nicht bei dem Investor, sondern bei der Politik liegt. Im Vordergrund stehen für mich dabei die Interessen der Bevölkerung (also das Gemeinwohl), nicht die des Geldgebers.

FRAGE 5: Ein Wort zu dem Gewerbe der Zukunft: In welche Richtung sollten die Straßenbahnen fortan fahren? Durch den Westen der Stadt, oder in die Vororte Lehndorf und Lamme?

ANTWORT 5: Der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), insbesondere des Stadtbahnangebots ist für mich ein zentrales Thema. Schienengebundener ÖPNV ist bekanntlich deutlich attraktiver als nicht schienengebundener. Mit der neuen Ratsmehrheit geht es in diesem Bereich jetzt schon richtig voran. Die erste Phase der Ideengewinnung für das Stadtbahnausbaukonzept ist bereits abgeschlossen. Nun müssen die einzelnen Vorschläge intensiv geprüft und dann die sinnvollen Maßnahmen realisiert werden.

Welche der insgesamt neun „Korridore“ nach der vertieften Untersuchung zur Umsetzung vorgeschlagen werden, ist zurzeit noch nicht absehbar. Es sollten natürlich die Strecken sein, die das größte Fahrgastpotential haben und die wichtigsten Verbindungen abdecken. Klar ist schon jetzt, dass für die Braunschweiger Verkehrs-AG (BSVAG) aus betrieblichen Gründen der Westlichen Innenstadtumfahrung die größte Bedeutung zukommt.

Für mich selber haben die Strecken Priorität, die den größten Effekt für die Verbesserung der Lebensqualität der Menschen haben. Dieser Effekt tritt nur ein, wenn durch die neue Stadtbahn die Belastungen aus dem Autoverkehr nennenswert vermindert werden, es also leiser, sauberer und sicherer für alle wird.

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