Am 15. Februar 2022 fand die 3. Ratssitzung in dieser Wahlperiode statt. Zentrales Thema war die Neugestaltung der Braunschweiger Stadthalle bzw. die Frage, ob man diese nun abreißen und neu bauen oder sanieren solle. Unsere Ratsfraktion hat da eine ganz klare Antwort: Sanierung statt Neubau!
Hier der Redebeitrag unseres Fraktionsvorsitzenden Helge Böttcher zu diesem Thema:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
meine Damen und Herren,
als diese Stadthalle hier eröffnet wurde, war es 1965. Es war eine Zeit des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders. 1965 hat diese Stadthalle dafür gesorgt, dass die Braunschweigerinnen und Braunschweiger wieder im großen Umfang Kultur und gesellschaftliche Ereignisse sehen und auch miterleben konnten. Und das in einem Gebäude, das damals absolut modern und fortschrittlich war. Die Eröffnung dieser Stadthalle, so heiß sie auch herbeigesehnt wurde, stand jedoch zunächst unter keinem guten Stern.
Peter Voigtländer, einer der Architekten, starb wenige Wochen vor der Eröffnung bei einem Verkehrsunfall. Als er auf dem Weg nach Braunschweig war, um sein vollendetes Werk zu begutachten.
Heute – 57 Jahre später – blicken wir nicht in die Vergangenheit zurück, sondern in die Zukunft. Wir fragen uns: Wie soll diese Stadthalle in Zukunft aussehen? Welche Aufgaben soll sie erfüllen? Und ist dieses Gebäude überhaupt noch zeitgemäß? Und während wir so reden und diskutieren, wirken Denkmalschützer manchmal wie aus der Zeit gefallene Mahner, die mehr blockieren und verhindern, als dass sie voranbringen. Aber ist das wirklich so? Können wir einfach einen Schlussstrich unter die Vergangenheit setzen und sagen: „Bis hier hin und nicht weiter“ und uns einfach auf unser ästhetisches Empfinden zurückziehen und bauen, was uns gefällt und abreißen, was uns nicht gefällt. Ich denke nicht. Genau so laufen nämlich viele Debatten zur Zeit. „Die Stadthalle sei aus der Zeit gefallen. Ein Betonklotz. Brutal hässlich.“
Aber darum geht es nicht beim Denkmalschutz. Es geht um die kulturhistorische Relevanz und darum, historische Zeugnisse über die Geschichte der Gesellschaft zu erhalten und zu schützen. Mit diesem Gebäude und übrigens auch dem Bahnhof in direkter Nachbarschaft, haben wir zwei zeithistorische Gebäude, die zu erhalten sind. Wer sind wir denn, heute diese Gebäude abzureißen, weil es uns nicht gefällt oder es angeblich nicht mehr wirtschaftlich sei.
Dabei ist der aktuelle Vorstoß der CDU in besonderer Weise irritierend. Die Fraktion, die noch vor einem Jahr forderte, dass Braunschweig sich als Weltkulturerbe-Stadt bewerben solle und das kulturelle Erbe dieser Stadt anpries, holt heute als erstes die Abrissbirne raus, um hier alles in Staub und Asche zu zerlegen. Was fordern Sie als nächstes, wollen Sie den Altstadtmarkt wieder in einen großen Parkplatz umwandeln?

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir stehen zu dieser Stadthalle und ihrer Geschichte. Wir haben bereits 2017 mit großer Mehrheit diesen Weg beschritten und haben bereits erste Ergebnisse erzielt. Sie können Sie vielleicht optisch nicht sehen, Herr Merfort, aber es liegen bereits Gutachten und Genehmigungen vor, wir haben bereits 4,5 Mio. € in die Sanierung gesteckt. Wenn wir das jetzt alles über den Haufen werfen, waren die letzten 5 Jahre Arbeit insbesondere für die Verwaltung umsonst.
Lassen Sie uns bitte mutig vorangehen und versuchen, eine Projektgesellschaft für die Sanierung zu gründen. Auch ein moderner Kongressstandort und hohe technische Energiestandards stehen nicht im Widerspruch zu diesem Gebäude, sondern sollen mit umgesetzt werden. Keine Privatisierung.
Lassen Sie uns diese Stadthalle zu einem historischen Leuchtturm der Moderne weiterentwickeln.
Danke.
Weitere Infos:
- LVP-Antrag „Neugestaltung der Stadthalle“ zur Ratssitzung am 15.02.2022 (erledigt durch eigenen Änderungsantrag)
- Stellungnahme der Verwaltung zum LVP-Antrag „Neugestaltung der Stadthalle“ zur Ratssitzung am 15.02.2022 (zur Kenntnis genommen)
- LVP-Änderungsantrag „Neugestaltung der Stadthalle“ zur Ratssitzung am 15.02.2022 (durch Annahme des Rot-Grünen Änderungsantrags erledigt)
- CDU-Änderungsantrag „Zukunft der Stadthalle und des Kongressstandorts Braunschweig“ zur Ratssitzung am 15.02.2022 (Getrennte Abstimmung: Ziffer 1 – bei einigen Fürstimmen abgelehnt, Ziffer 2 und 3 – bei wenigen Fürstimmen und einer Enthaltung abgelehnt)
- Rot-Grüner Änderungsantrag „Neugestaltung der Stadthalle“ zur Ratssitzung am 15.02.2022 (bei einigen Gegenstimmen und einer Enthaltung beschlossen)
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