Als haarsträubend bezeichnen die GRÜNEN im Braunschweiger Rat die Verwaltungsvorlage zur Trägerstiftung des geplanten Schlossmuseums im ECE-Center (siehe Anlage 1, Anlage 2 und Anlage 3), die am 26. April 2010 auf der Tagesordnung des Kulturausschusses stand und am 11. Mai 2010 im Rat behandelt wird. „Obwohl intern von den beiden Stiftungsgründern – der Richard Borek Stiftung und der Stadt Braunschweig – lange und bis zur letzen Minute an dem Text herumgebastelt wurde, ist dabei nur Murks herausgekommen“, stellt der Fraktionsvorsitzende Holger Herlitschke fest. Gemeinsam mit der kulturpolitischen Sprecherin Dr. Elke Flake kritisiert er insbesondere folgende Punkte an der genannten Vorlage:
1. Nach dem Willen der Stiftungsgründer soll das Schlossmuseum vollständig in die Hände der „Stiftung Residenzschloss Braunschweig“ übergehen. In dieser Stiftung soll die Stadt dann aber wenig zu sagen haben. In dem 4- bis 5-köpfen Stiftungsvorstand soll sie lediglich einen Sitz und damit nur eine Stimme bekommen, die übrigen Posten verteilen sich auf die Richard Borek Stiftung, die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz und die Stiftung Nord/LB-Öffentliche (also quasi „die üblichen Verdächtigen“ im Bereich der Kulturfinanzierung bzw. des Kultursponsorings). Darüber hinaus kann der fünfte Vorstandssitz mit einem einmaligen Beitrag von 200.000 Euro erkauft werden!
2. Der Stiftungsvorstand entscheidet das Wesentliche, die Stadt ist die geldgebende „Milchkuh“: Obwohl sie so wenig zu sagen hat (siehe Punkt 1), soll die Stadt den Löwenanteil der Museumskosten übernehmen! Während das Stiftungskapital in Höhe von insgesamt 500.000 Euro noch jeweils zur Hälfte von Richard Borek (250.000 Euro) und der Stadt (250.000 Euro) eingebracht wird, zahlt die Stadt sämtliche laufenden Kosten ganz alleine. Diese betragen zur Zeit insgesamt 235.000 Euro pro Jahr und sind zumindest bei den Betriebs- und Personalkosten – anders als ursprünglich vorgesehen – nicht nach oben begrenzt. Tendenz steigend! Jede/r kann sich ausrechnen, dass sich dieser jährliche Betrag über die Jahre zu einer Millionensumme addiert. Darüber hinaus ist auch die Laufzeit des Stiftungsvertrages unbegrenzt, d. h. hier soll ein fragwürdiges Konstrukt für immer und ewig festgezurrt werden! Wobei auffällig ist, dass die Verpflichtungen des zweiten Stiftungsgründers Richard Borek – anders als die im Detail aufgelisteten dauerhaften Verpflichtungen der Stadt – seltsam diffus und unkonkret bleiben.

3. Durch die hier geschilderten fragwürdigen Gründungsbedingungen des Schlossmuseums verstärkt sich die jahrelange Ungleichbehandlung im Kulturbereich: Von solch einem Deal, wie ihn Herr Borek für die Stiftung „Residenzschloss“ ausgehandelt hat, wagen Freie Träger noch nicht einmal zu träumen. Bei ihnen gibt es kaum feste Verträge – schon gar nicht ohne Kündigungsmöglichkeit wie beim Schlossmuseum. Falls doch, müssen die Freien Träger sich mit möglichen Kürzungen ab dem 3. Förderungsjahr einverstanden erklären, statt wie die „Schloss“-Stiftung die Übernahme von Kostensteigerungen (durch Inflation etc.) garantiert zu bekommen.
4. Auch die seit November 2001 zu beobachtende Entmachtung des Rates und seiner Fachausschüsse – kurz gesagt die Entdemokratisierung in Braunschweig – schreitet durch die Einrichtung des Schlossmuseums weiter voran: Der Stiftungsvorstand soll sowohl über das Konzept der Dauerausstellung als auch über die Ausstellungsplanung entscheiden, die Vorstandsprotokolle und –berichte sollen offenbar nicht einmal an den Ausschuss für Kultur und Wissenschaft weitergereicht werden (zumindest wird dies an keiner Stelle erwähnt).
5. Negativ aufgefallen ist uns zudem § 2 der Satzung der Trägerstiftung (siehe Anlage 2): Als Stiftungszweck wird – auf Anregung der SPD vom 17.02.2009 (siehe Anlage 4) – neben vier weiteren Punkten auch die „Förderung von Projekten zur Stärkung der „Braunschweigischen Identität““ angegeben. Im alten Satzungs-Entwurf war stattdessen noch wesentlich neutraler von der „Förderung von Maßnahmen der Geschichtsvermittlung“ (siehe Anlage 5) die Rede. „Stärkung der „Braunschweigischen Identität““ klingt für uns eher nach unkritischer Geschichtsverklärung als nach (möglichst) objektiver Geschichtsvermittlung!

6. Neu – und aus unserer Sicht grundsätzlich positiv – an dem jetzt vorliegenden Satzungsentwurf ist darüber hinaus der vorgesehene Beirat, dem Vertreter diverser kommunaler Gebietskörperschaften sowie „althergebrachter Institutionen“ (Zitat) angehören sollen. Neben vielen bekannten und anerkannten wissenschaftlichen und kulturellen Institutionen findet sich dort mit der „Ritterschaft des ehemaligen Landes Braunschweig“ allerdings auch eine echte Skurrilität. Dafür fehlt bedauerlicherweise der für seine kritische Vergangenheitsbetrachtung bekannte Arbeitskreis Andere Geschichte.
Fazit: Trotz der von CDU und FDP viel beschworenen Haushaltsnotlage leistet sich die Stadt Braunschweig mit dem Schlossmuseum ein teures und unnötiges Schmankerl, das zu allem Überfluss auch noch der demokratischen Kontrolle entzogen werden soll. Oberbürgermeister Dr. Gert Hoffmann (CDU) schenkt seinem Freund und Gönner Richard Borek nach dem „Schloss“ bzw. der Schlossfassade nun auch noch ein „Schlossmuseum“ – auf Kosten der Steuerzahler/innen. Und die von den hiesigen Bürger/innen gewählte Volksvertretung – der Rat der Stadt Braunschweig – bleibt weitestgehend außen vor. Schlimmer geht’s nimmer! Aus den genannten Gründen werden wir GRÜNEN die Vorlage zur Trägerstiftung in den Ratsgremien ablehnen.
Artikel kommentieren