Redebeitrag von Felix Bach
Bei der Ratssitzung am 21. März 2023 stand auch ein gemeinsamer Antrag mehrerer Fraktionen auf der Agenda, den wir GRÜNEN im Vorfeld maßgeblich mit vorangebracht hatten. Konkret ging es bei diesem Antrag von SPD, GRÜNEN, Fraktion BS und BIBS um die Einrichtung eines Jugendbüros und die Gründung eines Jugendparlaments (TOP 6.2.). Wir dokumentieren hier den Redebeitrag unseres Ratsherrn Felix Bach zu diesem interfraktionellen Antrag (Es gilt das gesprochene Wort). Seine Ratsrede ist im Übrigen auch als Video auf Instagram zu finden – siehe https://www.instagram.com/p/CqDYkaNKm9j/.
„Sehr geehrtes Ratspräsidium, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Ratskolleg*innen,
vor allem aber: liebe Jugendliche der Stadt Braunschweig,
wir beschließen heute den Auftrag an die Verwaltung zur Einrichtung eines Jugendbüros und zur Gründung eines Jugendparlaments. Und ich hoffe sehr, dass wir alle das nicht nur tun, um zu zeigen, dass wir verstanden haben, sondern auch, weil wir wirklich fest davon überzeugt sind, dass wir die Jugendbeteiligung in unserer Stadt damit erheblich stärken können – ich zumindest bin davon überzeugt.
Viele Studien zeigen, dass das Vertrauen junger Menschen in die Politik schwindet – das muss für uns alle, auch kommunal, ein Warnsignal sein. Es ist unsere Aufgabe, das Vertrauen besonders von Kindern und Jugendlichen zurückzugewinnen – und das gelingt uns am besten dadurch, dass wir sie beteiligen. Es ist unsere Aufgabe, eine Beteiligungslandschaft zu schaffen, in der Kinder und Jugendliche sich auf unterschiedlichen Ebenen für ihre Anliegen einsetzen können. Und es ist unsere Aufgabe, diese Möglichkeiten zu kommunizieren, zu vermitteln und personell zu unterstützen.
Ein Blick in den Braunschweiger Sozialbericht aus dem letzten Jahr zeigt, dass über 10.000 junge Menschen im Alter zwischen 14 und 19 Jahren in Braunschweig wohnen. Diese jungen Menschen wollen wir erreichen. Und ich bin mir sicher, wenn das nicht gelingt, liegt das nicht daran, dass die viel zitierte „Jugend von heute“ nicht engagiert ist, sondern daran, dass wir als Stadt und als Politik nicht ausreichend kommunizieren.
Nicht alle Jugendlichen interessieren sich für Politik, nicht alle Jugendlichen wollen sich in ihrer Stadt engagieren – aber das ist bei uns Erwachsenen nicht anders. In Braunschweig leben weit über 200.000 erwachsene Menschen. Ich sehe nicht, dass die alle bei der nächsten Kommunalwahl kandidieren oder sich auf anderen Wegen kommunal engagieren. Trotzdem – und da müssen wir alle ehrlich zu uns selbst sein – setzen wir Erwachsenen in Verwaltung und Politik bei Jugendlichen oft einen anderen Maßstab an.
Wollen sich Jugendliche überhaupt wirklich beteiligen? Brauchen wir dafür wirklich so ein Gremium? Haben die überhaupt die Motivation, sich in die Themen reinzuarbeiten? Was ist, wenn sie die Beteiligungsmöglichkeiten gar nicht nutzen? – All das sind Fragen, die ich in den letzten Wochen und Monaten aus nahezu allen politischen Parteien, auch aus meiner eigenen, gehört habe. Und diese Fragen sind sicherlich nicht ungerechtfertigt, aber die Vielzahl derer zeigt mir, dass uns das Vertrauen in das Engagement und den Beteiligungswillen junger Menschen fehlt. Und das müssen wir ändern – und das tun wir hier und heute!
Das Klimaschutzkonzept, der Mobilitätsentwicklungsplan, der Kulturentwicklungsprozess, der Ausbau der Nachbarschaftszentren sowie die aktuelle Debatte um den Bau einer Musikschule und eines Konzerthauses – das ist nur ein Ausschnitt von großen Projekten, die bis 2030 und weit darüber hinaus reichen. Ich wünsche uns allen ein langes gesundes Leben, aber seien wir ehrlich: 2030, 2040 oder sogar 2050 – das sind Zeiten, die einige von uns nicht mehr miterleben werden und viele andere nur im fortgeschrittenen Alter.
Junge Menschen hingegen werden diese Zeiten miterleben – ganz aktiv miterleben. Und daher sollten wir diese auch frühzeitig an der Mitgestaltung unserer Stadt beteiligen! Das kann dann auch den positiven Effekt haben, dass diese junge Menschen dann nach ihrer schulischen Laufbahn in Braunschweig bleiben – weil sie sich durch aktive Mitgestaltung stärker mit der Stadt identifizieren.
Daher meine große Bitte an alle demokratischen Fraktionen in diesem Saal: Gebt diesem interfraktionellen Antrag eure Zustimmung. Wir alle sind es den jungen Menschen in dieser Stadt schuldig. Diesem Antrag zu Grunde liegt eine dreiteilige Workshop-Reihe, an der wir alle beteiligt waren – und die wir alle unterstützt haben. Es ist der konsequente Schritt, den Ergebnissen, die in diesem Antrag formuliert sind, nun auch zuzustimmen.
Konkret enthält der Antrag die Einrichtung von 2,5 Stellen für das Jugendbüro und für das Jugendparlament, ein jährliches freies Budget von 25.000 Euro für das Jugendparlament und von 50.000 Euro für das Jugendbüro sowie weitere notwendige Finanz- und Sachmittel für die Organisationsstrukturen. Dazu soll das Jugendparlament von der Verwaltung bei den Gründungsformalitäten unterstützt werden, geeignete Räumlichkeiten in der Innenstadt gesucht werden und ein Rede- und Antragsrecht des Jugendparlaments im Rat sowie in den Fachausschüssen geprüft werden.
All das sind zukunftsweisende Bausteine, um die Kinder- und Jugendbeteiligung in dieser Stadt zu stärken. Ich hoffe auf eine breite Zustimmung zu diesem Antrag und wünsche der Verwaltung viel Erfolg bei der Erarbeitung der Beschlussvorlage.
Ich möchte damit enden, zu sagen, dass ich sehr hoffe, dass schon in einer Ratssitzung in naher Zukunft hier nicht nur Erwachsene, sondern auch Jugendliche selbst am Redepult stehen.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.“
Zum selben Thema siehe auch:
- „Braunschweig bekommt ein Jugendparlament“ (Meldung vom 1. März 2023)
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