Radverkehr: Langfristige Maßnahmen besser als Provisorien

Ein großes weißes Fahrradpiktogramm auf einer Straße.
Fahrradstraße im Westlichen Ringgebiet in Braunschweig.
Rainer Mühlnickel

„Mehr Platz fürs Rad“ – so lautet der Titel einer aktuellen Kampagne des ADFC, deren Grundgedanke von der Grünen Ratsfraktion voll und ganz geteilt wird. „Um den Radverkehr in Braunschweig voranzubringen, müssen wir die Verkehrsflächen neu und gerechter aufteilen“, so Dr. Rainer Mühlnickel, planungspolitischer Sprecher der Grünen Ratsfraktion und Stellvertretender Vorsitzender des Planungs- und Umweltausschusses. „Unter dieser Prämisse haben wir uns intensiv mit den aktuellen Vorschlägen der Radverkehrsverbände befasst, temporäre Maßnahmen in den Sommerferien umzusetzen, sind jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass wir diese Forderungen nicht unterstützen können.“

„Aus unserer Sicht sind die Vorschläge der Verbände – z. B. die Einrichtung eines City-Rings für den Radverkehr durch Sperrung von Fahrbahnen für den motorisierten Verkehr und die Einrichtung geschützter Radspuren (sog. „Pop-Up Bike Lanes“) – nicht so einfach umzusetzen, wie es auf den ersten Blick klingt“, so Rainer Mühlnickel weiter. „Wir müssen hierbei sämtliche verkehrlichen Aspekte in den Blick nehmen. So muss z. B. die Erreichbarkeit der Bushaltestellen am Bohlweg und in der Güldenstraße weiterhin gewährleistet sein. Auch müssen Sicherheitsaspekte insbesondere für den Radverkehr sorgfältig abgewogen werden. Die Beispiele aus anderen Städten wie z. B. Berlin zeigen, dass durchaus neue Gefahrenstellen entstehen können, wenn man die Übergänge auf die neuen „Pop-Up Bike Lanes“ nicht sorgfältig plant. Ich könnte mir dennoch vorstellen, im Rahmen der Überplanung des Hagenmarktes modellhaft eine Verbindung zum Bohlweg zu erproben und diese danach dauerhaft dort einzurichten.“

Lisa-Marie Jalyschko 1 (Ratsfrau)
Lisa-Marie Jalyschko

Die Grüne Ratsfraktion hat mit den aktuellen Forderungen der Verbände aber auch grundsätzliche Probleme, wie Lisa-Marie Jalyschko, ebenfalls Mitglied im Planungs- und Umweltausschuss sowie Stellvertretende Vorsitzende des Bauausschusses ergänzt. „Immer wieder mahnen wir an, dass Verkehrsplanung sich an verlässlichen Daten und Fakten zu orientieren hat und nicht quasi „aus dem Bauch heraus“ gemacht werden soll. Das ist in Braunschweig leider nicht selbstverständlich. Aus diesem Grund haben wir z. B. auch bei der Diskussion um die Sidonienbrücke gefordert, eine verlässliche Radverkehrszählung vorzuschalten, um so Entscheidungen auf einer gesicherten Grundlage treffen zu können. Dieser Grundsatz sollte – gerade wenn man Akzeptanz für Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs erreichen will – nicht nur dort gelten, wo es einem besonders gut passt, sondern bei allen Gelegenheiten, bei denen man in das empfindliche System Stadtverkehr eingreift.“

Lisa-Marie Jalyschko weist außerdem auf weitere, aktuelle Initiativen der Grünen Ratsfraktion hin: „Wir haben im Stadtgebiet zahlreiche Stellen, an denen man mit durchaus geringem Aufwand viel für den Radverkehr erreichen kann. So haben wir zur nächsten Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses z. B. eine Anfrage zur Eisenbütteler Straße gestellt. Aus unserer Sicht könnte die Widmung dieser Straße zwischen Werkstättenweg und Kennelweg zur bevorrechtigten Fahrradstraße eine wichtige Lücke im Radverkehrsnetz schließen. Sowohl für den Alltags- als auch für den Freizeitverkehr hat diese Route zwischen Südsee und Bürgerpark eine sehr wichtige Bedeutung. Sie könnte aus unserer Sicht mit relativ einfachen Mitteln aufgewertet werden. So könnte eine deutliche und langfristige Verbesserung für den Radverkehr erreicht werden, was aus unserer Sicht immer zielführender ist als temporäre Maßnahmen oder Provisorien.“

Zum Hintergrund dieser Grünen Stellungnahme:

Damit haben wir auf eine  Anfrage von Regional Heute (Julia Seidel) vom 17. Juni 2020 reagiert. Diese Anfrage hatte folgenden Wortlaut:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

jüngst erreichte uns eine Pressemitteilung des ADFC Braunschweig. Darin fordern die Fahrradverbände #MehrPlatzFürsRad. Unter diesem Motto solle kurzfristig Platz für die Radfahrer in Braunschweig geschaffen werden.

Darin heißt es, dass das Autoverkehrsaufkommen auf Braunschweigs Straßen nach den Lockerungen der Corona-Auflagen – entgegen erster Annahmen – auf nur 75 % des Vor-Corona-Wertes angestiegen sei. Dies würden Verkehrsmessungen belegen, die von WVI ausgewertet wurden.

Was viele Radfahrende in Braunschweig ebenfalls feststellen würden, auf den Radwegen, nicht nur auf dem Ringgleis, sondern überall, sei die Anzahl der Radfahrenden stark gestiegen. Es sei noch enger geworden auf Braunschweigs Radwegen. An Ampeln und Übergängen, an denen Radfahrende warten müssten, sei die Einhaltung der Abstandsregeln unmöglich.

Weiterhin hätten die Verbände die Politik und Verwaltung bereits Mitte April aufgefordert „mehrere Straßen für den Fuß- und Radverkehr zu öffnen und entlang von Hauptverkehrsstraßen Fahrstreifen zu Radwegen zu markieren“.

Konkret werde gefordert:

  • Schaffung eines 2-Richtungsradweges auf dem Cityring durch Sperrung eines Fahrstreifens auf der Strecke: Gü̈ldenstr., Lange Str., Küchenstr., Hagenmarkt, Bohlweg, Kennedyplatz, Bruchtorwall, Kalenwall, Gieseler Wall
  • Casparistraße für den Durchgangsverkehr sperren – Linksabbieger sofort sperren, Parkplätze durch Sitzgelegenheiten (Parklets) umnutzen
  • Ausweisung von temporären Spielstraßen im gesamten Stadtgebiet
  • Straßenzüge sperren zugunsten radfahrender Familien: a) Beispiel Kastanienallee – Ebert-Allee bis Waldforum b) Fahrradstraßen am Wallring (Hohe-Tor-Wall,…) c) Kreuzstraße bis zum Raffteich (Ö̈V frei)

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie um die Beantwortung der folgenden Fragen:

  1. Wäre eine Ausweitung der Radwege in dieser Vorgehensweise aus Ihrer Sicht sinnvoll? 1.1. Wenn ja, warum? 1.2. Wenn nein, wieso nicht?
  2. Wo könnten Probleme mit dem motorisierten Verkehr auftreten?
  3. Woran liegt es, dass momentan mehr Radfahrer unterwegs sind und könnte es sich dabei um ein temporäres Phänomen handeln?
  4. Welche Alternativen / Welchen Kompromiss zu den Vorschlägen des ADFC könnte es geben?

Ich bitte Sie um Stellungnahme.

Für Ihre Antwort bedanke ich mich bereits im Voraus!

Mit freundlichen Grüßen“

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
im Rat der Stadt Braunschweig
Rathaus, Zi. A 1.60/61
38100 Braunschweig
Tel.: 05 31/470-32 98
Fax: 05 31/470-29 83
E-mail: gruene.ratsfraktion(at)braunschweig.de
Internet: http://www.gruene-braunschweig-ratsfraktion.de

Facebook: https://www.facebook.com/GrueneRatsfraktionBS/

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