„KufA“ fragt – Unser Kandidat antwortet

Unser OB-Kandiat Holger Herlitschke am 24.02.2014 (Foto: Angelika Stück)
Unser OB-Kandiat Holger Herlitschke am 24.02.2014 (Foto: Angelika Stück)

Zu den Organisationen, die gerne wissen wollen, wie die fünf Oberbürgermeister-Kandidaten „ticken“, gehört auch der Verein „Kultur für Alle“ (kurz: „KufA“). Dieser hatte die Bewerber mit Blick auf die OB-Wahl im Mai 2014 darum gebeten, ihre Ansichten zur Kultur in Braunschweig darzulegen. Leider entzogen sich die Kandidaten von CDU und SPD (Hennig Brandes und Ulrich Markurth) dieser Aufgabe – beide verweigerten eine inhaltliche Stellungnahme. Auch bei der vom „KufA“ organisierten öffentlichen Veranstaltung in der Brunsviga am 24.02.2014 erschienen weder der CDU- noch der SPD-Bewerber. Die anderen Kandidaten waren allerdings vor Ort und bereit, sich mit dem interessierten Publikum auszutauschen: Holger Herlitschke für die Grünen, Wolfgang Büchs für die BIBS und Udo Sommerfeld für die Linken.

Unser OB-Kandidat Holger Herlitschke hatte die „Wahlprüfsteine“ des „KufA“ im Vorfeld der genannten Veranstaltung folgendermaßen beantwortet:

Frage 1: Wie hoch ist der Anteil der freien Kulturförderung am Gesamthaushalt der Stadt Braunschweig? Finden sie es notwendig dass dieser Anteil erhöht wird? Wenn ja, dann um wie viel?

Antwort 1: Prozentual ist der Anteil äußerst gering, wenn man darunter die Kulturförderung an nicht-städtische und nicht-staatliche Institutionen versteht, d. h. die institutionelle Förderung von Kultureinrichtungen in freier Trägerschaft (Brunsviga, Buntich, Fadenschein, LOT etc.) und die Projektförderung an die freie Kulturszene. Ohne dabei genaue Zahlen recherchieren zu müssen, ist klar, dass der Anteil deutlich unter 1 Mio. Euro liegt und abzüglich der institutionellen Förderung bei ca. 100.000 € pro Jahr. Insgesamt liegt der Prozentsatz bei unter 0,2 % des gesamten Ergebnishaushaltes. Das ist selbstverständlich ziemlich wenig. Wir Grünen haben uns immer dafür eingesetzt, dass die Förderung bedarfsgerecht deutlich erhöht wird und haben das in den letzten Jahren, in denen wir die Haushalte mitentscheiden konnten, auch konsequent verfolgt. So sind z. B. sämtliche institutionellen Förderungen und auch der Topf für Projektförderung erhöht worden. Das deckt aber noch nicht alle Bedarfe. Als Oberbürgermeister und Verwaltungschef würde ich dazu beitragen, dass unsere Stadt hier weiter voranschreitet.

Frage 2: Die Stadt Braunschweig hat keinen Kulturentwicklungsplan. Halten sie einen Kulturentwicklungsplan für notwendig?

Antwort 2: Ein Kulturentwicklungsplan legt die Ziele und die Handlungsvorschläge für die Zukunft fest. Er muss in einem gemeinsamen Prozess von den handelnden Akteuren im Kulturbereich entwickelt werden. Das sind die Kulturschaffenden (die klassischen Institutionen, die freien Kulturträger, die freie Kulturszene und die Kulturwirtschaft) auf der einen, die Stadt mit der Verwaltung und der Politik auf der anderen Seite. Es muss ein gemeinsamer Konsens verhandelt werden in einer partnerschaftlichen Atmosphäre. Grundsätzlich sind wir Grünen große Verfechter der Erarbeitung solcher Entwicklungspläne. In Braunschweig haben wir aber vor 10 Jahren mit der Art des verfolgten Prozesses negative Erfahrungen gemacht: Mit viel Arbeit und Einsatz der freien Kulturszene wurden Grundlagen für einen solchen Plan erarbeitet. Der Plan wurde aber nie zu Ende gebracht, stattdessen wurden die Zwischenergebnisse ohne Veröffentlichung sang- und klanglos beerdigt. Das hebt nicht gerade unsere Motivation, solch einen Prozess neu zu beginnen. Voraussetzung dafür wären klare Rahmenbedingungen und deutliche Handlungsbereitschaft bei allen Beteiligten – sowohl auf Seiten der Politik als auch auf Seiten der Verwaltung. Wenn es dazu kommen sollte, würde ich als Oberbürgermeister auf jeden Fall dafür sorgen, dass der Prozess dann auch erfolgreich abgeschlossen wird.

Frage 3: Würden sie die Forderung nach 5 Prozent des 32 Millionenhaushalts für die freie Kulturszene in Braunschweig, also 1,6 Millionen, unterstützen?

Antwort 3: iehe dazu auch meine Ausführungen unter Punkt 1. Ich glaube allerdings, dass mit Haushaltsveränderungen alleine der Unterstützung einer freien Kulturszene nicht ausreichend gedient ist. Die Frage ist eher die, wie man zielgerecht fördern und Unterstützung (Geld und andere Fördermaßnahmen) bedarfsgerecht einsetzen kann. Dazu bedarf es durchaus fundierter Teilentwicklungspläne mit gezielten Handlungsoptionen. Als Vertreter und Anhänger eines strukturierten und ergebnisorientierten Vorgehens würde ich solche Teilentwicklungspläne als Verwaltungschef mit auf den Weg bringen und unterstützen.

Frage 4: Im Jahr 2014 könnten Konsolidierungsmaßnahmen notwendig werden. Welche Bereiche der Kultur wären für Sie verzichtbar?

Antwort 4: Ich bin der Auffassung, dass hinsichtlich des geringen Anteils des Kulturetats am städtischen Haushalt in diesem Bereich Nichts einsparbar ist. Am Allerwenigsten kann im Bereich der freien Kultur auf Geld verzichtet werden, da die freie Kulturszene für ein lebendiges Kulturleben in Braunschweig unerlässlich ist.

Alle Podiumsteilnehmer am 24.02.2014 in der Brunsviga (Foto: Angelika Stück)
Alle Podiumsteilnehmer am 24.02.2014 in der Brunsviga (Foto: Angelika Stück)

Frage 5: Unterstützen Sie die Forderung nach einem neuen Kultur- und Veranstaltungszentrum in zentraler Lage und freier Trägerschaft?

Antwort 5: Ich unterstütze die Forderung nach mindestens einem weiteren soziokulturellen Zentrum in Braunschweig, das den in Braunschweig nicht gedeckten Bedarfen gerecht wird. Soziokulturelle Zentren sind meiner Meinung nach immer in freier Trägerschaft zu betreiben, da sich in ihnen der Selbstverwaltungsgedanke und eine von engagierten Menschen getragene Kulturarbeit manifestiert. Ob ein weiteres Zentrum im Innenstadtbereich angesiedelt sein muss, ob mehrere mit besonderem Charakter gebraucht werden und ob es eher Stadtteilzentren als ein zentrales Innenstadtzentrum sein sollten, wird sich entscheiden, wenn die inhaltliche Konzeption geklärt ist und ein Ort für solch ein Zentrum gesucht wird. Auf jeden Fall muss ein weiteres soziokulturelles Zentrum aber gut aus der ganzen Stadt erreichbar sein.

Frage 6: Musiker suchen in Braunschweig verzweifelt Proberäume. Für Künstler gibt es zu wenig Ateliers und Ausstellungsflächen. Theatergruppen haben zu wenig Probebühnen und Auftrittsmöglichkeiten. „Was planen Sie, um diese Versorgungslücke zu beheben?“

Antwort 6: Genau auf die Beantwortung dieser Frage zielt der maßgeblich von meiner Ratsfraktion initiierte Beschluss des Kulturausschusses zum weiteren Vorgehen hinsichtlich der Diskussion um ein „neues FBZ“. Wir wollen die einzelnen Bedarfe klar benennen und für die dann identifizierten „Versorgungslücken“ konkrete Handlungsvorschläge machen und beschließen. Dies könnte z. B. ein Ausbauprogramm für Band-Übungsräume sein oder ein Förderkonzept für Produktionsstätten / Proberäume. Ich möchte den Ergebnissen des Prozesses an dieser Stelle nicht durch vorgefasste Antworten vorgreifen. Eines kann ich aber jetzt schon verraten: Als Oberbürgermeister würde ich dafür sorgen, dass die vom Rat beschlossenen Handlungsvorschläge dann auch in die Realität umgesetzt werden.

Frage 7: Das Staatstheater in Braunschweig erhält mit 10 Millionen Euro städtischer Förderung bei weitem den größten Anteil des Kulturetats der Stadt. Die freie Theaterszene behält mit 50 000€ weniger als fünf Prozent des Theateretats. Halten Sie einen weiteren Ausbau der Förderung für sinnvoll? Würden Sie die Förderung von 1 Euro Aufpreis pro Theaterkarte zur Verwendung für die freie Kulturszene unterstützen?

Antwort 7: Der weitere Ausbau der Förderung wird von uns klar befürwortet. Wir halten es allerdings nicht für richtig, alte Diskussionen der achtziger Jahre à la „Hochkultur gegen Soziokultur“ oder „Staatstheater versus freie Kultur“ im rein lokalen Kontext neu aufleben zu lassen. Auch die Förderung des Staatstheaters hat natürlich seine Berechtigung, wenn man bedenkt, dass es hier um 400 Arbeitsplätze und um einen großen Kulturbetrieb geht. Ein Vergleich der Kosten ist nur unter dem Blickwinkel der verhältnismäßig geringen Ausgaben für den freien Kulturbereich sinnvoll, nicht aber unter dem Blickwinkel von verkürzten Ausgaben für das Staatstheater. Da ist es viel sinnvoller, eine Öffnung des Staatstheaters unter dem Aspekt der Teilhabe und der Breitenkultur sowie eine Unterstützung der Ressourcen des Staatstheaters für die freie Kulturszene einzufordern. In diesem Sinne würde ich als Verwaltungschef konstruktiv und kooperativ auf die zuständige Landesministerin (Gabriele Heinen-Kljajic) und den hiesigen Theaterintendanten (Joachim Klement) zugehen.

Frage 8: Die Soziokultur in Braunschweig – obwohl nicht kommerziell und gemeinnützig orientiert – ist im Schnittfeld von Kunst, Kultur, Bildung und Sozialer Arbeit angesiedelt. Sie weist damit viele Berührungspunkte zu gesellschaftlichen Feldern wie Stadt- und Regionalentwicklung, Kulturwissenschaft, Tourismus oder bürgerschaftlichem Engagement auf. Dieser Querschnittscharakter wird in vorhandenen Förderprogrammen kaum berücksichtigt. Wie bewerten Sie die Aufgabenstellung von Soziokultur und Kulturinitiativen als kulturelle Dienstleister? Welche Möglichkeiten sieht ihre Fraktion zur Öffnung der ressortübergreifenden Förderung von Kultur?

Antwort 8: Die in der Frage gemachten Aussagen werden von uns voll und ganz unterstützt. Kulturentwicklung ist ein ganz wichtiger Bestandteil von Stadtentwicklung und dies unter vielen Gesichtspunkten: Lebensqualität, lebendige Stadt, Standortfaktor, Tourismus und Marketing, Bürgerschaftliches Engagement, Kulturelle Bildung als Bildungsqualität, Antworten auf Fragen des demographischen Wandels etc. etc. … Kulturförderung muss immer auch unter diesen Aspekten und damit einer übergreifenden Stadt- und Regionalplanung gesehen werden. Sie ist per se ressortübergreifend.

Frage 9: Würden sie die Forderung nach einer Kulturförderabgabe für die Stadt Braunschweig unterstützen?

Antwort 9: Damit ist wahrscheinlich die Frage nach der sogenannten „Bettensteuer“ gemeint. Wir Grünen haben diese lokale Steuermöglichkeit im Kontext der Senkung der Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen befürwortet. Angesichts vieler Rechtsurteile und der mittlerweile nicht mehr aktuellen Diskussion werden wir uns in Braunschweig aber nicht mehr aktiv für eine solche Kulturabgabe einsetzen. Kulturförderung ist für mich eine Pflichtaufgabe des Staates (Bund, Land und Kommune), die auch durch diesen zu erfolgen hat. Angesichts der prozentual geringen Anteile der Kulturförderung an den Gesamthaushalten sollte dies auch möglich sein, ohne Sonderabgaben erheben zu müssen.

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