Die Braunschweiger Zeitung (BZ) möchte am Tag der Ratssitzung (29. März) gerne eine Übersicht zum Haushalt 2022 der Stadtverwaltung veröffentlichen. Dafür hat die Lokalredaktion uns um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:
1. Frage (BZ): Welche Anträge zum Haushalt sind Ihrer Fraktion besonders wichtig? (Bitte maximal sieben.)
2. Frage (BZ): Wie bewertet Ihre Fraktion den Haushaltsentwurf grundsätzlich?
Wir haben diese Presseanfrage im Namen unserer beiden Fraktionsvorsitzenden Helge Böttcher und Lisa-Marie Jalyschko gerne beantwortet, und zwar folgendermaßen:
1. Antwort (Grüne): Unsere Ratsfraktion hat zum Haushalt 2022 diverse Anträge gestellt – viele davon gemeinsam mit unserer Kooperationspartnerin SPD. Inhaltlich ging es dabei insbesondere um die Bereiche Kinder und Schule, Soziales und Gesundheit sowie Klimaschutz und Radverkehr. Es fällt uns natürlich schwer, diese zu priorisieren, besonders hervorheben möchten wir aber folgende Anträge:
Schulkindbetreung: Übergangsweise soll an Grundschulen, die noch keine kooperativen Ganztagsschulen sind, die Schulkindbetreuung von 60 auf 80 Prozent ausgedehnt werden. Dafür werden jährlich mindestens 200 neue Betreuungsplätze geschaffen. Ab dem Jahr 2026 greift ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Wir möchten so den Schulen einen Übergang ermöglichen, um sich geordnet in eine Ganztagsschule umwandeln zu können.
Kommunale Schulsozialarbeit: Neben der Erweiterung der Schulkindbetreuung an den Grundschulen soll der Stufenplan der kommunalen Schulsozialarbeit an allen weiterführenden Schulen schneller umgesetzt werden. Dazu soll der jährliche Stellenausbau, wie in der rot-grünen Kooperationsvereinbarung festgelegt, verdoppelt werden. Bis 2025 sollen insgesamt 13 weitere Vollzeit-Stellen für Schulsozialarbeiter*innen geschaffen werden. Darüber hinaus regen wir zusammen mit der SPD an, auch an Grundschulen in sozial benachteiligten Stadtteilen Stellen für Schulsozialarbeiter*innen zu schaffen.
Koordinierungsstelle LSBTI*: Braunschweig ist eine bunte und diverse Stadt. Wir streben eine vielfältige Gesellschaft an, die sich in allen Strukturen widerspiegelt. Geschlechtergerechtigkeit und Diversität sollte in immer mehr Bereichen selbstverständlich werden. Die Koordinierungsstelle für LSBTI* (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Intersexuelle) leistet einen wesentlichen Beitrag, LSBTI* in verschiedenen Belangen zu unterstützen, selbstverständlicher Teil der Stadtgesellschaft zu werden. Das bisherige Angebot der Stadt Braunschweig wird sehr gut angenommen und der Bedarf zur Beratung und Vernetzung steigt stetig. Daher soll die bisherige LSBTI*-Koordinierungsstelle dauerhaft auf eine volle Stelle ausgebaut werden, um dem steigenden Arbeitsaufwand gerecht zu werden.
Dauerausstellung „Rosenstraße 76“: Dieses Projekt liegt uns besonders am Herzen. In Braunschweig wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) im Jahr 2020 über 800 Fälle im Kontext häuslicher Gewalt angezeigt. Doch das Dunkelfeld ist in diesem Deliktsbereich bis zu 7 Mal höher. Der „Runde Tisch gegen häusliche Gewalt“ hat daher ein Präventionsprojekt in Form einer Ausstellung entwickelt. Ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der sog. „Istanbul-Konvention“ in Braunschweig. Häusliche Gewalt nimmt in Zeiten von Corona zu – da ist es sehr sinnvoll, in Prävention zu investieren. Besonders begrüßen wir, dass mit dem Projekt ein bislang tabuisierter Aspekt thematisiert wird – die Gewalt in der häuslichen Pflege.
Förderprogramm für regenerative Energien: Das Förderprogramm für regenerative Energien hat in der Vergangenheit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz geleistet und war im Jahr 2021 bereits Ende September ausgeschöpft. Die vielfältigen Möglichkeiten des Programms wie der Photovoltaik-Ausbau, die Förderung von regenerativer Wärmeerzeugung sowie Energieeffizienz werden sehr gut angenommen. Deshalb wollten wir Grünen das Programm massiv aufstocken – um weitere 300.000 Euro pro Jahr, von 400.000 auf 700.000 Euro. Mit der SPD haben wir uns nun darauf geeinigt, das Programm 2022 und 2023 zumindest um weitere 100.000 Euro (also von 400.000 auf 500.000 Euro) aufzustocken, bei entsprechender Nachfrage auch 2024.
Einführung eines Bikesharing-Systems: Die Einrichtung eines Bikesharing-Systems in Braunschweig wird in den Ratsgremien seit geraumer Zeit diskutiert – bislang jedoch ohne Ergebnis. Wir Grünen wollten nun „Nägel mit Köpfen machen“ und haben daher beantragt, die notwendigen Mittel in den kommenden Haushaltsjahren endlich bereitzustellen. Für die einmalige Einrichtung eines Bikesharing-Systems hatten wir daher 400.000 Euro, für den laufenden Betrieb 350.000 Euro beantragt. Die Gespräche mit der SPD haben ergeben, dass für 2022 nicht die vollen Investitions- und Betriebskosten anfallen. 100.000 Euro dürften für die Ausschreibung eines öffentlichen Fahrradverleihsystems und dessen Start im laufenden Jahr 2022 ausreichen.
Radwegeneubau an 2 Landesstraßen: Wir setzen uns zudem für zwei Radwege an Landesstraßen ein, die von Braunschweig in die Umgebung führen. Konkret haben wir Mittel in Höhe von 70.000 Euro für die Vorplanung je eines Radweges an der L 473 (Timmerlah-Groß Gleidingen) und der L 611 (Völkenrode-Bortfelder Kreisel) beantragt. Die Diskussion um einen möglichen Neubau dieser beiden Radwege wird bereits seit Jahren bzw. Jahrzehnten geführt. Um Fördermittel für den Bau dieser Radwege zu erhalten, braucht es eine planerische Grundlage und das Einvernehmen mit den betroffenen Nachbargemeinden. Wir sind zuversichtlich, dass dieses herstellbar ist und freuen uns, dass auch die Kolleg*innen von der SPD das Vorhaben unterstützen.
2. Antwort (Grüne): Grundsätzlich bewerten wir den Haushaltsentwurf positiv. Wir begrüßen das hohe Investitionsniveau im Umfang von einer Milliarde Euro, denn wir halten es notwendig, die städtische Infrastruktur zu erhalten und zu verbessern. Die aktuellen Krisenzeiten (Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg) erfordern zeitnahes und zielgerichtetes Handeln – z. B. bei der Digitalisierung und beim Katastrophenschutz. Um diesen und anderen Herausforderungen wirkungsvoll zu begegnen, braucht es vor allem Geld und Personal. Wir freuen uns daher über den geplanten Zuwachs im Haushaltsjahr 2022 von rund 135 Stellen, die aufgrund vielfältiger Aufgabenveränderungen vorgeschlagen werden. Unsere Stadtverwaltung benötigt gute und qualifizierte Mitarbeiter*innen in allen Bereichen. Es ist sinnvoll und richtig, Schulen, Kindertagesstätten und Jugendeinrichtungen zu sanieren oder neu zu bauen. Braunschweig ist eine wachsende Stadt, in deren Zukunftsfähigkeit wir gerne investieren wollen. Das gilt natürlich vor allem mit Blick auf den Klimaschutz und die angestrebte Klimaneutralität. Gleichzeitig müssen wir neue Wohngebiete ausweisen und für den Bau von flächenschonenden Mehrfamilienhäusern, für umweltfreundliche Mobilität sowie für eine soziale und sichere Stadt sorgen. Der Braunschweiger Haushalt war im Übrigen trotz enormer Investitionen in den vergangenen Jahren im Saldo im Ist ausgeglichen. Insofern wundern wir uns sehr über das verantwortungslose Gerede der CDU von der rot-grünen „Schuldenfalle“ und ihre untauglichen Rezepte für eine angeblich solide Haushaltsführung. Mit uns Grünen ist ein erneutes Aussetzen der Dynamisierung (der Zuschüsse freier Träger) und ein Netto-Null-Stellenplan jedenfalls nicht zu machen!
Artikel kommentieren