Haushalt 2011: Knapper Beschluss nach langer Debatte

Das Braunschweiger Rathaus

Später als üblich wurde der städtische Etat für das laufende Haushaltsjahr 2011 beschlossen. Normalerweise stehen die jeweiligen Haushaltspläne im Dezember des Vorjahres zur Beschlussfassung an, der diesjährige Haushaltsplan wurde jedoch erst im Februar und damit eine ganze Weile nach Jahresbeginn abschließend behandelt. Bei der Ratssitzung am 22.02.2011 prallten die unterschiedlichen Sichtweisen der Mehrheits- und der Oppositionsfraktionen einmal mehr aufeinander. Während die Mehrheitsfraktionen den Verwaltungsentwurf und die städtische Haushaltspolitik wie gewöhnlich lobten und priesen, nahmen die Oppositionsfraktionen das Zahlenwerk deutlich kritischer unter die Lupe. Resultat der mehrstündigen Diskussion am späten Abend: CDU und FDP stimmten dem Haushaltsplan 2011 wie erwartet zu, SPD, GRÜNE, LINKE und BIBS lehnten ihn ab.

Für die GRÜNEN beteiligten sich Dr. Elke Flake (stellvertretende Fraktionsvorsitzende) und Holger Herlitschke (Fraktionsvorsitzender) an der Haushaltsdebatte. Beide hatten mit Blick auf die Kommunalwahl im September 2011 im Vorfeld der Ratssitzung bereits scharfe Kritik an der CDU-/FDP-Politik der letzten 10 Jahre geübt – siehe hierzu den Bericht „Wenig Entwicklung, viel Show“ in der Neuen Braunschweiger vom 20.02.2011.

Bereits im Oktober 2010 gaben die GRÜNEN eine erste Stellungnahme zum Haushaltsplan-Entwurf 2011 ab, im November 2010 reichten sie dann insgesamt 25 Anträge zu dieser Verwaltungsvorlage ein. Schwerpunkt ihrer Haushaltsanträge war auch diesmal der Kinder- und Jugendbereich. Das Hauptaugenmerk der Fraktion galt dabei Kindern in benachteiligten Stadtteilen, deren Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe sie stärken wollte. Denn GRÜNES Ziel ist ein soziales Braunschweig, also eine Stadt, in der kein Mensch verloren geht und in der niemand wegen seiner Herkunft ausgegrenzt wird. Aber natürlich wollen die GRÜNEN auch ein ökologisches Braunschweig, daher haben sie u. a. Anträge zur Förderung des Klimaschutzes und des Radverkehrs eingebracht.

Und so lauteten die 10 wichtigsten GRÜNEN Anträge zum Haushaltsplan-Entwurf 2011:

Ratsfrau Dr. Elke Flake (GRÜNE)

1. Zusätzliche Schulkindbetreuungs-Gruppen: Zum Beginn des Schuljahres 2011/2012 sollen insgesamt 300 neue Plätze im Bereich der Schulkindbetreuung eingerichtet werden. Bei der Feststellung der Kosten ist von einer durchschnittlichen Betreuungszeit bis 16.00 Uhr und einer durchschnittlichen Investitionssumme von 20.000 Euro auszugehen. Begründung: Ziel ist es, mittelfristig alle Grundschulen in Offene Ganztagsgrundschulen nach dem Braunschweiger Modell umzuwandeln. In der Zwischenzeit muss es einen bedarfsgerechten Ausbau von Betreuungsgruppen in und an Schulen geben.

2. Weitere Offene Ganztagsgrundschulen: Zum Beginn des Schuljahres 2012/2013 sollen zwei weitere Grundschulen in Offene Ganztagsschulen umgewandelt werden. Die hierfür notwendigen Planungs- und Investitionskosten in Höhe von ca. 500.000 Euro sollen in den Haushaltsplan 2011 aufgenommen werden. Begründung: Um Verzögerungen wie bei der Umwandlung der Grundschulen Pestalozzistraße und Am Schwarzen Berge zu vermeiden, soll bereits im Jahr 2011 mit den Planungen und Baumaßnahmen für die nächsten beiden Offenen Ganztagsgrundschulen begonnen werden.

3. Familienzentren an Kindertagesstätten: An zwei Kindertagesstätten in sozial benachteiligten Stadtteilen sollen im Jahr 2011 Familienzentren eingerichtet werden. Bis zum Sommer 2011 soll darüber hinaus ein Umsetzungsplan für Familienzentren beschlossen werden, der von mindestens sechs Familienzentren in sozial benachteiligten Stadtteilen ausgeht. Begründung: Der Jugendhilfeausschuss wird hoffentlich bald über ein Konzept für künftige Familienzentren in Braunschweig beraten. Möglichst noch im Jahr 2011 sollen die ersten beiden Familienzentren ihre Arbeit nach diesem Konzept aufnehmen können.

4. Mehr Personal für Kitas in benachteiligten Stadtteilen: Kindertagesstätten in benachteiligten Stadtteilen sollen personell besser ausgestattet werden. Für die Betreuung von verhaltensauffälligen und entwicklungsverzögerten Kindern sollen zusätzliche Mittel in Höhe von 350.000 Euro bereitgestellt werden. Begründung: Wie der Jugendhilfeatlas der Stadt Braunschweig zeigt, leben in einigen Stadtteilen besonders viele Kinder mit großem individuellen Betreuungsbedarf. Während schon im Normalfall eine Gruppengröße von 25 Kindern und 2 ErzieherInnen den Anforderungen nicht mehr entspricht, ist dies in sozial schwierigen Gruppen unvertretbar.

Ratsherr Holger Herlitschke (GRÜNE)

5. Bedarfsgerechte Betreuungszeiten in Kindertagesstätten: Die Betreuungszeiten in Kindertagesstätten sollen in mindestens 10 Gruppen ausgeweitet werden, und zwar im Durchschnitt von 4 auf 6 Stunden. Begründung: Im Kindergartenbereich (3 Jahre bis Schulalter) kann der zeitliche Betreuungsbedarf bislang nicht gedeckt werden. Ohne eine Ausdehnung der Betreuungszeiten ist es für die meisten Eltern unmöglich, Familie und Beruf zu vereinbaren.

6. Planungsbeginn für 5. IGS: Die Verwaltung soll bereits im Jahr 2011 mit den Planungen zur Einrichtung einer 5. Integrierten Gesamtschule (IGS) beginnen. Begründung: Auch nach der Einrichtung der 4. IGS in Volkmarode müssen nach wie vor viele Schüler/innen, die sich um einen Platz an einer städtischen IGS beworben haben, abgelehnt werden. Das IGS-Angebot in Braunschweig ist somit nach wie vor nicht bedarfsgerecht.

7. Mittel für Schulsanierung verdoppeln: Die Haushaltsmittel für die Instandhaltung und die Sanierung von Schulen sollen von 5,35 auf 10,7 Millionen Euro erhöht und damit verdoppelt werden. Als erster Schritt sind die bisher für das Jahr 2012 geplanten Maßnahmen um ein Jahr vorzuziehen. Begründung: Mit diesem Schritt soll der Instandhaltungs- und Sanierungsstau an den Braunschweiger Schulen schneller als geplant abgebaut werden.

8. Klimaschutz als „Wesentliches Produkt“: In den Teilhaushalt des Fachbereichs Stadtplanung und Umweltschutz soll die Aufgabe Klimaschutz als ein neues „Wesentliches Produkt“ aufgenommen werden. Begründung: Sieht man sich die als „Wesentliches Produkt“ klassifizierten Aufgaben des genannten Fachbereichs genauer an, findet man dort bislang ausgerechnet den Klimaschutz nicht vor.

Fahrradstraße in Freiburg
Vorbild Freiburg

9. Bessere Kennzeichnung von Fahrradstraßen: Die Braunschweiger Fahrradstraßen sollen an allen Kreuzungen und Einmündungen mit großformatigen Piktogrammen gekennzeichnet werden, um den Vorrang für Radfahrer/innen zu verdeutlichen. Begründung: Die Kennzeichnung der Fahrradstraßen reicht an etlichen Stellen noch nicht aus, so dass es immer wieder zu Konflikten zwischen RadfahrerInnen und AutofahrerInnen kommt. Gut sichtbare Piktogramme auf der Fahrbahn könnten dieses Konfliktpotential entschärfen. Beispiele hierfür existieren u. a. bereits in Freiburg und Kassel.

10. Höhere Spielautomatensteuer: Die in der Vergnügungssteuersatzung (vom Februar 2010) festgelegte Spielgerätesteuer soll von bisher 12 % auf künftig 15 % angehoben werden. Begründung: Der Steuersatz auf Geldspielgeräte liegt in Braunschweig mit 12 % deutlich unter dem Durchschnitt vergleichbarer deutscher Städte. Die Höhe des Steuersatzes kann durchaus ein Instrument zur Verringerung der Spielgeräte und damit zur Eindämmung der grassierenden Spielsucht sein.

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