„Spielbank“ statt Kulturzentrum: Grundstücksverkauf Öffentliche Bücherei

Vom Abriss bedroht: Das prägnante Gebäude der ehemaligen Öffentlichen BüchereiUnd wieder haben CDU und FDP eine große Chance für Braunschweig vertan: Statt nach einer wirklich überzeugenden städtebaulichen Lösung für das 3.750 Quadratmeter große Grundstück der ehemaligen Öffentlichen Bücherei (Lange Straße/Hintern Brüdern 23) zu suchen, beschloss die schwarz-gelbe Ratsmehrheit am 22. Juni 2010, das zentral gelegene Areal an den Meistbietenden zu versteigern. In diesem Falle ist dies (mal wieder) der bekannte örtliche Investor (und Eintracht-Sponsor) Jochen Staake. Der möchte an dem genannten Standort ein insgesamt 6-geschossiges Gebäude mit „Spielbank“, Lebensmittelmarkt (Edeka), Büros, Wohnungen und diversen Pkw-Stellplätzen errichten.

Die Ratsopposition bewies deutlich mehr Phantasie als CDU und FDP: Während die SPD ein sog. „Leistungszentrum für die Kultur- und Kreativwirtschaft“ in die Debatte einbrachte, sprachen sich die GRÜNEN – auch und gerade vor dem Hintergrund der Diskussion über ein Internationales Haus bzw. ein Haus der Kulturen in Braunschweig – für eine „kulturelle und interkulturelle Nutzung“ des innerstädtischen Geländes aus. Doch bedauerlicherweise konnte sich im Rat weder der Antrag der SPD noch der Antrag der GRÜNEN durchsetzen. Dies lag nicht zuletzt daran, dass CDU und FDP den Verkaufserlös für das fragliche Grundstück zur Refinanzierung der Unterbringung aller städtischen Kultureinrichtungen im ECE-„Schloss“ am Bohlweg benötigten. Und von diesem Junktim wollten sie anscheinend auf keinen Fall abweichen.

Kritisiert wurde der Grundstücksverkauf von Seiten der Oppositionsfraktionen auch aufgrund der vorgesehenen „Spielbank“-Nutzung. Auch Stadtbaurat Wolfgang Zwafelink und Sozialdezernent Ulrich Markurth (SPD) hatten noch am 21. Januar 2010 in einer gemeinsamen Pressemitteilung Bedenken gegenüber dieser Nutzung geäußert und die Gefahren des Glücksspiels – Stichwort Spielsucht – beschworen. Betont wurde in dieser PM auch die Tatsache, dass es sich bei der sog. „Spielbank“ eben nicht um eine Spielbank im „klassischen“ Sinne handeln würde. Also kein „Casino Royale“ à la James Bond…

Trotz des erklärten Willens der Verwaltung, in Nachverhandlungen mit dem Investor einen Verzicht auf die „Spielbank“ zu erreichen, kommt es nun doch zur Realisierung dieser umstrittenen Nutzungsvariante. Mit ihrer kritischen Haltung konnte sich die Verwaltung ganz offenbar nicht gegenüber Herrn Staake und dessen Unterstützern behaupten. Statt diese Niederlage einzugestehen, redete der Erste Stadtrat Carsten Lehmann (FDP) die Sache einfach schön, indem er quasi zwischen „bösen Spielhallen“ und „guten Spielbanken“ – die „ein deutlich anderes Publikum“ ansprächen – unterschied.

Hinweis: Zum Verlauf der Ratsdebatte siehe auch den Bericht in der Braunschweiger Zeitung vom 23. Juni 2010 „Stadt verkauft die frühere Bücherei für 1,7 Millionen“.

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