Braunschweig International: Fest der Kulturen seit 1981

Cristina Antonelli-Ngameni und Haddijatou Jow bei Braunschweig International (3. Juni 2023 / Copyright: Cristina Antonelli-Ngameni)

Eröffnungsrede von Haddijatou Jow

Am 3. Juni fand es endlich wieder statt, das größte multikulturelle Fest der Region! Seit über 40 Jahren präsentieren sich bei Braunschweig International zahlreiche internationale Kulturvereine. In der Innenstadt – auf dem Kohlmarkt – wurde erneut kulturelle Vielfalt mit Musik, Tanz und Kulinarischem geboten. Das Motto in diesem Jahr lautete „Für Solidarität und Frieden auf der Welt“. Eröffnet wurde das traditionsreiche Fest der Kulturen diesmal von unserer Bürgermeisterin Cristina Antonelli-Ngameni und unserem Bürgermitglied Haddijatou Jow. Wir dokumentieren an dieser Stelle das Grußwort unseres Bürgermitglieds – mit freundlicher Genehmigung von Haddijatou Jow (Es gilt das gesprochene Wort):


„Sehr geehrte Damen und Herren,

ich begrüße Sie herzlich bei Braunschweig International und fühle mich geehrt, Sie alle willkommen zu heißen. Mein Name ist Haddijatou Jow, und ich bin Mitglied des Vereins FrauenBunt e. V., Bürgermitglied im Ausschuss für Vielfalt und Integration (AVI) im Rat der Stadt und eine Delegierte aus Braunschweig im Niedersächsischen Integrationsrat (NIR). Es erfüllt mich mit Freude, heute im Namen aller zu sprechen, die nicht in Braunschweig geboren wurden, sondern diese wundervolle Stadt als ihre adoptierte Heimat betrachten. Wir sind diejenigen, die das Privileg haben, „eingebraunschweigert“ worden zu sein.

Braunschweig International findet seit 1981 in unser schönen Stadt statt und hat das Ziel, Solidarität mit den Menschen zu zeigen, die hierher zugewandert sind. Die Veranstaltung soll neue Braunschweiger in der Stadt willkommen heißen und ihnen helfen, in ihrer neuen Gemeinschaft Fuß zu fassen, aber auch die Vielfalt Braunschweigs veranschaulichen. Diese Stadt hat seit Langem verstanden, wie herausfordernd es sein kann, sich an einem neuen Ort einzuleben. Viele von uns haben nicht nur eine neue Stadt, sondern auch ein neues Land, eine neue Kultur und eine neue Sprache kennengelernt. Diese Erfahrungen spiegeln sich in den Aktivitäten der Stadt, der Institutionen, der Zivilgesellschaft und der Einwohner wider.

Aus eigener Erfahrung sprechend, bin ich im Jahr 2017 nach Braunschweig gezogen. In dieser Zeit musste ich nicht nur eine neue Sprache erlernen, sondern mich auch an eine neue Kultur, ein neues Schulsystem und das Leben auf einem anderen Kontinent anpassen. Es war eine anspruchsvolle Zeit für mich, in der ich ohne die Unterstützung der Stadt kaum zurechtgekommen wäre. Glücklicherweise fand ich hier Zuflucht und wurde ermutigt, meine Talente zu entfalten. Diese Unterstützung erhielt ich von meiner Schule, der Jugendeinrichtung, in der ich lebte, den Vereinen bis hin zu den Jugendgruppen und den Bürgern dieser Stadt, die es sich zur Aufgabe machten, einem jungen Migranten zu helfen. Aus diesem Grund bin ich stolz darauf, Braunschweig meine Heimat zu nennen. Die Tatsache, dass ich in meiner Entwicklung an einem Punkt bin, an dem ich mich sozial engagieren und versuchen kann, der Stadt, die ich liebe, etwas zurückzugeben, verdanke ich zu einem großen Teil dem, was diese Stadt in mich investiert hat.

Obwohl ich viele meiner Erfahrungen mit den heute hier anwesenden Migranten teile, bin ich mir bewusst, dass meine Perspektive subjektiv ist. Es gibt viele Menschen in unserer Stadt, die sich nicht willkommen fühlen oder das Gefühl haben, nicht gehört zu werden. Es fällt mir schwer, hier zu stehen und die Stadt zu loben, wenn ich selbst, wie viele andere, Orte in dieser Stadt erlebt habe, an denen wir uns nicht erwünscht oder willkommen gefühlt haben. Ich hatte das Glück, eine großartige Schule mit Sprachkursen zu besuchen, in einer engagierten Jugendeinrichtung zu landen und im Jugendamt Unterstützung zu finden. Ich hatte das Glück, Vereine zu entdecken, die mich unterstützten. Aber nicht alle Neu-Braunschweiger haben dieses Glück. Dies ist ein Missstand, der behoben werden sollte. Glücklicherweise haben wir eine Reihe von Vereinen, die in dieser Stadt unglaubliche Arbeit leisten, aber wir müssen darauf achten, dass auch junge Menschen in diese Organisationen eingebunden werden. Oft wird gesagt, dass junge Menschen die Zukunft sind, aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir auch die Gegenwart sind. Wenn wir nicht die nächste Generation in diesen Vereinen fördern, laufen wir Gefahr, Veranstaltungen wie Braunschweig International zu verlieren. In der Zivilgesellschaft müssen wir flexibler sein und uns nicht nur um neu zugewanderte Braunschweiger kümmern, sondern auch um diejenigen, die zur zweiten und dritten Generation der Migranten gehören. Die Zusammensetzung der Besucher solcher Veranstaltungen spiegelt diese demografische Vielfalt wider. Zudem sollte das Festivalformat aktualisiert werden, beispielsweise durch die Einbindung transkultureller Darbietungen, um wirklich von einer multikulturellen Stadt sprechen zu können.

Das erste Braunschweig International fand 1981 statt, zur gleichen Zeit wurde der erste Ausschuss für Integrationsfragen in der Stadtverwaltung gegründet. Dieser Ausschuss wird heute als Ausschuss für Vielfalt und Integration bezeichnet. Beide Ausschüsse sind Teilhabegremien, die aus dem Entwicklungsprozess einer vielfältigen Gesellschaft hervorgegangen sind und dazu dienen, die Interessen dieses Bevölkerungsanteils in der Politik zu vertreten und politische Teilhabe in dieser Gruppe zu fördern. Hier besteht jedoch ein weiteres Defizit in Bezug auf die Vertretung junger Menschen. Für junge Menschen gestaltet sich politisches Engagement schwierig, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Interessen nicht ausreichend berücksichtigt werden. Dies gilt umso mehr für junge Migranten, die sich mit einer neuen Form von Regierung und manchmal sogar mit einem neuen politischen System auseinandersetzen müssen. Daher müssen wir die lokale Politik zugänglicher und repräsentativer für unsere Stadt machen.

Insgesamt zeigt dieses Fest die Vielfalt dieser Stadt, die heute hier stark vertreten ist. Wir sollten diese Veranstaltung wertschätzen, indem wir sinnvolle Maßnahmen ergreifen, um ihre Zukunft zu sichern. Dies ist durchaus möglich, da ich selbst ein Beispiel dafür bin, dass junge Menschen großes Interesse an der weiteren Entwicklung der multikulturellen Gesellschaft in Braunschweig haben. Wir haben in diesem Bereich viel erreicht, aber es gibt immer Raum für Verbesserung.

Ich danke Ihnen allen herzlich für Ihre Anwesenheit, Ihr Engagement und Ihre wertvolle Arbeit.“

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