Hier unsere Pressemitteilung zur Entscheidung sowie die Argumente, die zur Entscheidung geführt haben. Außerdem haben wir weitere Stellungnahmen der Mobilitätsverbände verlinkt.
Pressemitteilung Grüne Ratsfraktion – Braunschweig, 28.09.2023
Nach langer und intensiver Diskussion haben die Vertreter*innen der Grünen Ratsfraktion in der heutigen Sitzung des Ausschusses für Mobilität, Tiefbau und Auftragsvergaben (AMTA) für die Planung einer Unterführung am Bahnübergang Grünewaldstraße als Vorzugsvariante (Variante 1) gestimmt.
Dazu sagt Sabine Kluth, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen Ratsfraktion und Vorsitzende des AMTA:
„Wenn wir unsere ambitionierten Klimaziele erreichen wollen, müssen wir unsere Anstrengungen vor allem im Verkehrsbereich deutlich intensivieren. Hier ist in den letzten Jahren viel zu wenig passiert. Fortschritte bei der CO2-Einsparung konnten kaum erzielt werden. Mit dem Umbau des Bahnübergangs Grünewaldstraße haben wir jetzt die einmalige Chance, die Bedingungen für den ÖPNV, den Radverkehr, den fußläufigen Verkehr und nicht zuletzt auch für den Güterverkehr auf der Schiene deutlich zu verbessern. Ein beschrankter Bahnübergang mit absehbar langen Schließzeiten wäre keine Zukunftslösung: Er würde den Radverkehr an dieser Stelle stark ausbremsen, und die Umwege zu Fuß wären einige hundert Meter lang. Klimaschutz braucht aber zwingend die Verkehrswende. Und daran wollen und müssen wir arbeiten. Am Bahnübergang Grünewaldstraße und an vielen anderen Stellen im Stadtgebiet.“
Lisa-Marie Jalyschko, Fraktionsvorsitzende der Grünen Ratsfraktion und Mitglied im AMTA ergänzt:
„Wir haben uns diese Entscheidung wirklich nicht leichtgemacht. Deshalb möchten wir uns bei allen Bürger*innen bedanken, die sich in den letzten Monaten intensiv in die Diskussion um den Bahnübergang Grünewaldstraße eingebracht haben. Unsere Entscheidung für die Variante 1 beruht auf der festen Überzeugung, dass wir damit eine Verlagerung der Verkehre hin zum klimafreundlichen Umweltverbund erreichen können und somit einen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen leisten werden. Dabei müssen wir als Mitglieder des Rates immer die gesamtstädtische Perspektive im Blick haben. Deshalb legen wir großen Wert auf zeitnahen Ausgleich vor Ort für Bäume, die der Baumaßnahme weichen müssen. Außerdem müssen wir uns klarmachen, dass wir heute Entscheidungen treffen, die über Jahrzehnte hinweg Bestand haben. Gerade mit Blick auf die lange Reichweite des heutigen Beschlusses halten wir die Variante 1 für die Lösung, mit der uns für die Zukunft am besten wappnen können.“

Bahnübergang Grünewaldstraße – Argumente für die Umsetzung der Variante 1
Die Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat in der Sitzung des Ausschusses für Mobilität, Tiefbau und Auftragsvergaben (AMTA) am 28.09.2023 für die Variante 1 bei der Umgestaltung des Bahnübergangs Grünewaldstraße gestimmt und sich damit für den Bau einer Unterführung ausgesprochen.
Angesichts der Tatsache, dass diese Entscheidung im Vorfeld in der Öffentlichkeit sehr kontrovers diskutiert wurde, haben wir uns entschlossen, die für uns wesentlichen Argumente hier zusammenzufassen.
Dabei steht für uns das Thema Verkehrswende im Zentrum. Wenn wir unsere ambitionierten Klimaziele erreichen wollen, müssen wir unsere Anstrengungen insbesondere bei der Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Verkehrsbereich intensivieren, denn gerade hier ist in den letzten Jahren viel zu wenig passiert. Die Umgestaltung des Bahnübergangs Grünewaldstraße bietet aus unserer Sicht die große Chance, durch die Verbesserung der Infrastruktur für Nutzer*innen des ÖPNV, für Radfahrende und Zufußgehende einen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Bahnverkehr:
- Die Umsetzung der Variante 1 wird viele positive Auswirkungen auf den Bahnverkehr in Braunschweig und insbesondere für den Bahnhof Gliesmarode haben.
- Personenverkehr: Künftig wird es einen 30-Minuten-Takt zwischen Braunschweig und Gifhorn mit längeren Schließzeiten am Bahnübergang Grünewaldstraße geben. Die Umsetzung der Variante 1 sorgt für einen reibungsloseren Ablauf und trägt somit zu mehr Verlässlichkeit und Pünktlichkeit bei. Perspektivisch würde auch eine zusätzliche Bahnverbindung Harvesse/Wendeburg, der sog. Spargelexpress, über diese Strecke führen und wiederum zu einem häufigeren Schließen der Schranken führen.
- Güterverkehr: Die Variante 1 trägt den Anforderungen an einen modernen Güterverkehr am besten Rechnung und kann mit dazu beitragen, mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Güterzüge haben aktuell eine Länge von bis zu 740 m und brauchen entsprechend viel Platz, um ggf. bevorrechtigten Personenzügen den Vorrang zu lassen, ohne den Bahnübergang zu blockieren. Die Leistungsfähigkeit der Hafenbahn kann durch die Realisierung der Variante 1 ebenfalls verbessert werden. Insbesondere der geplante Anschluss des Gewerbegebietes Hansestraße- West an das Schienennetz wird zu einer Steigerung des Güterverkehrs auch am Bahnhof Gliesmarode führen.
- Bahnhof Gliesmarode: Der Bahnhof Gliesmarode kann als multimodaler Umsteigepunkt weiter ausgebaut und somit attraktiver werden. Dazu gehört z.B. die bessere Erreichbarkeit für Radfahrende und Zufußgehende u.a. durch die Schaffung einer zweiten direkten Anbindung der Bahnsteige von Süden.
- Verkehrssicherheit: Die Verkehrssicherheit kann durch die Unterführung deutlich verbessert werden. Ein Umgehen oder Umfahren der Schranken wird nicht mehr möglich sein. Das wiederum verbessert auch die Zuverlässigkeit des Bahnverkehrs. Es wird bei den neu angelegten Wegen eine bauliche Trennung von Rad- und Fußverkehr geben. Beide Verkehrsarten werden somit sicherer und komfortabler geführt werden können.

Radverkehr:
- Attraktive und schnelle Radverkehrsverbindungen: Mit der Umsetzung der Variante 1 bietet sich die Möglichkeit, eine schnelle und attraktive Radverkehrsverbindung zwischen der Braunschweiger Innenstadt und dem gesamten Nordosten Braunschweigs zu schaffen. Künftig könnte dieser Bereich Teil einer sog. Veloroute werden und auch einen Anschluss an den geplanten Radschnellweg Braunschweig- Wolfsburg sicherstellen.
- Eine Radverkehrsroute über die Grünewaldstraße ist dabei attraktiver und sicherer als mögliche Alternativrouten (z.B. über die Berliner Straße), da hier der Radverkehr in weiten Teilen abseits der Hauptachsen des motorisierten Verkehrs geführt werden kann.
- Steigerung der Nutzerzahlen: Prognosen gehen davon aus, dass der Radverkehr an dieser Stelle von derzeit 2.000 Nutzer*innen pro Tag auf 4.000 gesteigert werden kann. Damit könnte ein wichtiger Beitrag zur Verlagerung von Verkehren vom Motorisierten Individualverkehr auf den Umweltverbund und damit zum Klimaschutz geleistet werden.
Fußgänger*innen:
- Barrierefreiheit: Die Unterführung ermöglicht ein barrierefreies Queren der Gleise und leistet somit einen Beitrag zur Verbesserung der Inklusion.
- Der Zugang zu den Gleisen kann insbesondere durch die Schaffung eines weiteren direkten Anschlusses der Bahnsteige verbessert werden.
- Die Verkehrssicherheit am Bahnübergang kann durch den Wegfall der Schranken deutlich verbessert werden. Durch die getrennte Führung von Rad- und Fußverkehr wird die Sicherheit und der Komfort auch für Zufußgehende gesteigert,
- Die fußläufige Anbindung der Schulen wird deutlich verbessert. Dies gilt sowohl für die IGS Franzsches Feld als auch für die Grundschulen in der Umgebung. Die Erreichbarkeit des Gliesmaroder Bads für die Schulen wird ebenfalls verbessert.
- Die Erreichbarkeit weiterer Ziele in fußläufige Reichweite wird ebenfalls verbessert. Dazu zählen z.B. die Kleingartenanlagen im direkten Umfeld und das Naherholungsgebiet in Riddagshausen.
Baumverlust, Ersatz / Ausgleich und Gestaltung:
- Unsere Entscheidung für die Variante 1 beruht auf der Überzeugung, dass wir damit eine Verlagerung der Verkehre hin zum klimafreundlichen Umweltverbund erreichen können und somit einen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen leisten werden. Dabei müssen wir als Mitglieder des Rates immer die gesamtstädtische Perspektive im Blick haben.
- Wir sind uns des Verlustes der Allee bewusst und teilen den Verlust als solches. Es ist jedoch eine Abwägung mit anderen Aspekten, s.o., die für uns überwiegen. Deshalb legen wir großen Wert auf zeitnahen Ausgleich vor Ort für Bäume im direkten Umfeld, die der Baumaßnahme weichen müssen. Wir setzen uns darüber hinaus ein für eine hochwertige und ansprechende Gestaltung der Unterführung und der näheren Umgebung mit möglichst viel neuer Begrünung ein, z.B. durch das Anlegen von begrünten Böschungen. Den weiteren Prozess werden wir entsprechend begleiten.
Mehrheit der Einwohnenden ist für Beibehalt des Bahnübergangs (Nullvariante)?
- Nach der städtischen Informationsveranstaltung in der VW-Halle am 15.05.2023 wurde den Anwesenden sowie der Stadtbevölkerung die Möglichkeit eröffnet, Stellungnahmen zu den präsentierten 5 Querungsvarianten der Bahnkreuzung Grünewaldstraße einzureichen.
- 437 Stellungnahmen sind eingegangen, davon einige von Verbänden und Gruppierungen (zählen jeweils als eine Stellungnahme). Davon haben ca. 90 % für die Wiederherstellung des Bahnübergangs mit optimierten Schrankenschließzeiten, also für die Variante 0+ plädiert.
- Demgegenüber stehen 26.720 Einwohnende im Östlichen Ringgebiet und 20.784 in Wabe-Schunter-Beberbach oder 253.167 in ganz Braunschweig. Um eine Mehrheit der Bevölkerung handelt es sich daher nicht.
- Wir sind als Ratsmitglieder der gesamten Stadt verpflichtet, dies kann zu abweichenden Entscheidungen gegenüber denen in den Stadtbezirken führen, wie es hier der Fall ist.

Weitere Maßnahmen:
- Wir werden uns dafür einsetzen, dass Ersatzpflanzungen für die entfallenden Bäume im direkten Umfeld des Bahnübergangs vorgenommen werden.
- Wir wollen eine hochwertige und ansprechende Gestaltung der Unterführung und der näheren Umgebung mit möglichst viel neuer Begrünung, z.B. durch das Anlegen von begrünten Böschungen.
- Angsträume müssen durch eine entsprechende Gestaltung der Unterführung und des direkten Umfelds vermieden werden. Dazu brauchen wir z.B. auch ein entsprechendes Lichtkonzept und eine großzügige und offene Gestaltung der Unterführungen.
Fazit:
- Die Entscheidung, die wir jetzt treffen, wird weit in die Zukunft hinein Bestand haben. Bei Brückenbauwerken, wie sie für die Unterführung benötigt werden, geht man von einer Lebensdauer von mindestens 80 Jahren aus. Das muss bei der Entscheidung jetzt berücksichtigt werden.
- Bei Abwägung aller uns aktuell vorliegenden Informationen halten wir die Variante 1 in jeder Hinsicht für die beste und vor allem zukunftssichere Lösung.
- Wir werden durch den Bau der Unterführung die Verkehrswende in Braunschweig voranbringen und so einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten können.
Weitere Stimmen für die Unterführung als Vorzugsvariante:
Nicht nur wir als Grüne Ratsfraktion haben uns für die Vorzugsvariante der Unterführung entschieden, sondern auch die meisten Mobilitätsverbände:
- Fahrradstadt Braunschweig: Eine Übersicht mit Visualisierung + Videos zu dem gesamten Vorhaben findet Ihr hier: https://www.fahrradstadt-braunschweig.de/2023/09/26/.

- ADFC Braunschweig: Stellungnahme
- VCD Braunschweig: Stellungnahme
- Ursprüngliche Stellungnahme der Mobilitätsverbände vom 13.02.2022 (ADFC, BI Radweg Völkenrode, Braunschweiger Forum, Initiative Fahrradstadt BS, MoveBS, VCD): Stellungnahme
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