Redebeitrag von Burkhard Plinke
Bei der Ratssitzung am 18. Februar 2025 (Di.) wurde nochmal intensiv über das Thema Bahnübergang Grünewaldstraße diskutiert. Mit dem Ergebnis, dass der Richtungsbeschluss zu diesem Thema – mit Blick auf das durchgeführte Bürgerbegehren – nun mehrheitlich geändert wurde. Beschlossen wurde jetzt, doch die Schrankenlösung (Variante 0+) und damit eine andere Vorzugsvariante als eigentlich vorgesehen zu planen. Dagegen hat sich unsere Ratsfraktion im Verlauf der Ratsdebatte erneut für die Unterführung (Variante 1) sowie einen stadtweiten Bürgerentscheid aller Wahlberechtigten in Braunschweig ausgesprochen.
Wir dokumentieren hier den Redebeitrag unseres Ratsherrn Dr. Burkhard Plinke (Mitglied im Ausschuss für Mobilität, Tiefbau und Auftragsvergaben) zum Bahnübergang Grünewaldstraße (Es gilt das gesprochene Wort):
„Sehr geehrte Ratskolleg:innen,
es ist gelungen, innerhalb von 6 Monaten mehr als 15.000 Unterschriften für das Bürgerbegehren zu sammeln. Davor habe ich Respekt.
Noch viel mehr Respekt hätte ich, wenn nicht hauptsächlich mit der sehr einfach gestrickten Parole „Unterschreiben Sie hier, um den Tunnel zu verhindern und die Bäume zu retten“ gesammelt worden wäre.
Denn das Thema ist ja sehr komplex, es hat durchaus gesamtstädtische Bedeutung, und es geht um einen Teil der zukünftigen Verkehrsinfrastruktur des Umweltverbundes. Ein Weg, den zwei- bis dreitausend Menschen zu Fahrrad und zu Fuß täglich nutzen, quert eine Bahnlinie mit Personen- und Güterverkehr, der in den nächsten Jahren zunehmen wird. Alle Erfahrungen der Bahn mit höhengleichen Querungen besagen, dass dort immer wieder schwere Unfälle geschehen, auch bei guter Sicherungstechnik, und deshalb hatte sie ja ursprünglich vorgeschlagen, eine Unterführung zu bauen.
Aber, wie gesagt, der Aspekt „Bäume retten“ hatte die Lufthoheit, faktenreiche Diskussionen wurden nicht gewollt, und die will ich auch heute nicht noch mal führen – lesen Sie einfach nochmal den offenen Brief des VCD (Verkehrsclub Deutschland e. V.) und die Replik, die uns in den letzten Tagen erreicht haben: Es gibt hier offensichtlich zwei unversöhnliche Lager.
In dieser festgefahrenen Situation könnte ein richtiger Bürgerentscheid durchaus helfen: Für den Fall, dass ein Beschluss des demokratisch gewählten Rates großen Widerspruch erzeugt, sieht das NKomVG (Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz) dieses Instrument vor. Er kann von 5 % der etwa 190.000 Wahlberechtigten beantragt werden, und wenn er formal zulässig ist (wie der Verwaltungsausschuss gerade festgestellt hat), werden alle aufgefordert, im Wahllokal oder per Briefwahl darüber abzustimmen – ähnlich wie bei einer Parlamentswahl, aber der Stimmzettel wäre viel kleiner, und es müsste eine Mehrheit von mindestens 20 % der Wahlberechtigten mit Ja stimmen. Wenn man einen Bürgerentscheid beantragt, erkennt man diese Konditionen an.
Der Rat kann aber nach NKomVG vorauseilend seinen ehemaligen Richtungsbeschluss für die Unterführung im Sinne des Bürgerbegehrens revidieren. Damit würde eine echte Mehrheitsentscheidung umgangen – gerade das beantragen aber jetzt CDU und SPD.
Der Rat sollte das klar ablehnen! Denn man kann nicht seriös hochrechnen, wie die anderen mindestens 170.000 Wahlberechtigten darüber denken! Haben sie das Bürgerbegehren bewusst nicht unterschrieben, weil sie für die Lösung mit der Unterführung sind und einen wirklichen Bürgerentscheid wollen? Oder haben sie von alledem nichts mitbekommen?
Uns haben jedenfalls auch viele Stellungnahmen erreicht, die sich Sorgen machen über die Verkehrssicherheit am Bahnübergang und über die schwierigen Umwege, die Radfahrende bald nehmen müssen.
Was bedeutet es, wenn man jetzt den Anträgen von CDU und SPD folgt, doch die Variante 0+ mit der vermeintlichen Lösung durch Schranken zu planen? Dann hätte man einen nach vielen Diskussionen und Sitzungen in 2023 gefassten mehrheitlichen Beschluss eines Fachausschusses des Rates wieder gekippt, ohne richtig zu wissen, was die bisher schweigende Mehrheit davon hält – das wäre dann eine Entscheidung nach empfundener Stimmung und nicht nach gezählten Stimmen.
Wir haben noch weit größere Projekte für eine bessere Verkehrsinfrastruktur beschlossen oder in Planung. Auch um diese wird es viele Diskussionen geben. Wenn man dem Antrag folgt, wäre das das fatale Signal, dass man nur die Unterschriften von nicht einmal 10 % der Wahlberechtigten braucht, um solche Projekte zu verhindern. Die neue Mehrheit gerade in der SPD-Ratsfraktion sollte sich darüber im Klaren sein, dass jetzt einige vielleicht Morgenluft wittern.
Wir Grüne werden die Anträge von CDU und SPD jedenfalls ablehnen – richtig wäre es, den Bürgerentscheid tatsächlich am 11. Mai per Stimmzettel auszutragen. Erst dann hätte man auch das demokratische Fundament, so wie es auf dem Unterschriftenformular gefordert wird.
Der Aufwand für einen echten Bürgerentscheid ist nicht zu groß! Kleiner Blick zurück: Wir hatten in 2011 eine ähnliche Situation, als der etwa 15 Mio. € teure Ausbau des Eintracht-Stadions strittig war. Auch damals gab es viele emotionale Diskussionen darüber, ob wir uns das leisten sollten. Eine Bürgerbefragung im Wahllokal ergab dann bei einer Beteiligung von über 30 % eine Mehrheit von 60 zu 40, danach schloss sich der Rat mit großer Mehrheit dem Ergebnis an, die Angelegenheit war befriedet, und das hatte sich im Sinne der Demokratie auch gelohnt.
Ich weiß, dass ich jetzt wahrscheinlich niemand mehr umstimmen kann und sich einige schon fertigmachen zum Jubeln. Aber noch ist der beschrankte Bahnübergang nicht gebaut und nicht in Betrieb, es kann auch durchaus noch anders kommen – ich empfehle sehr, den vermeintlichen Sieg nicht vorschnell zu feiern.“
Weitere Informationen zu unserer Position bzgl. des Bahnübergangs Grünewaldstr. sind hier zu finden: https://gruene-braunschweig-ratsfraktion.de/bahnuebergang-gruenewaldstrasse-unterfuehrung-als-vorzugsvariante-bei-der-weiteren-planung/.

Lieber Herr Grießhammer,
vielen Dank für die positive Rückmeldung! Wir freuen uns über Ihre Unterstützung für unsere Position zum Bahnübergang Grünewaldstraße.
Barbara Schulze
(Fraktionsreferentin)
Herzlichen Dank, dafür dass noch eine Fraktion für die umweltfreundlichen Verkehrsmittel eintritt. Unter dem Vorwand Bäume zu schützen und Kosten zu sparen wird hier gegen die Verbesserung von Infrastruktur für unmotorisierten Verkehr gearbeitet.
Ich vermute, dass der Schutz von Bäumen zu Lasten von „wertvollen“ Stellplätzen im östlichen Ringgebiet weniger Anklang finden wird.